Die Verteidigung hatte auf versuchten Totschlag beziehungsweise untauglichen Versuch plädiert. Erschwerend für die Strafbemessung war laut Richter Martin Bodner kein Umstand, mildernd das Geständnis, der bisherige ordentliche Lebenswandel, die durch selbst eingenommene Schlafmittel eingeschränkte Dispositionsfähigkeit der Angeklagten und, dass es beim Versuch blieb. Das Kind, das heute beim geschiedenen Vater lebt, hatte die Angriffe abwehren können.
Dramatische Momente für die Tochter
Die Frau hatte gemeinsam mit dem Kind aus ihrer 2012 geschiedenen Ehe aus dem Leben scheiden wollen. Sie gab der Tochter vor dem Zu-Bett-Gehen zunächst ein Medikament, aufgelöst in Limonade. Dann nahm sie selbst – in einem Glas Sekt – einige Schlaftabletten, ging ins Schlafzimmer und presste ihrer Tochter einen Polster auf das Gesicht. Dem Mädchen gelang es, sich zu befreien. “Ich muss dich vor dem Papa retten”, sagte die Frau, ehe sie in der Küche Frischhaltefolie in zwei Teile schnitt und dem Kind vorschlug, sich diese aufs Gesicht zu legen – als “Spiel”, wer länger die Luft anhalten könne. Als die Kleine Angst bekam und beide Folien wegzog, war ihre Mutter bereits nahezu bewusstlos. Die Neunjährige holte Hilfe bei der Nachbarin, die die Rettung rief.
Der Staatsanwältin Gudrun Bischof zufolge hatte die Angeklagte unter den Affären ihres Mannes gelitten, nach der Scheidung aber eine On-Off-Beziehung weitergeführt: “Sie konnte nicht loslassen.” Als ihr Ex-Mann ankündigte, seine neue Freundin zu einem Familienfest Ende Mai mitzunehmen, habe die gekränkte Frau Abschiedsbriefe verfasst, in denen unter anderem stand, er solle leiden. Statt ihm mitzuteilen, dass er seine Tochter nicht abholen sollte, fuhr sie an jenem Tag mit ihr in eine Therme und schritt nach der Heimkehr zur Tat. Motiv: Sie wollte das Kind ihrem geschiedenen Mann wegnehmen und ihm wehtun, sagte Bischof. Aus psychiatrischer Sicht lag keine tief greifende Bewusstseinsstörung vor, die Frau war zurechnungsfähig.
Täterin schilderte Leben zwischen Hoffnung und Enttäuschung
Kristina Venturini – die Verteidigerin hatte die 34-Jährige auch bei der Scheidung vertreten – sprach von einem langen Leidensweg ihrer Mandantin. Diese habe eigentlich nach der Trennung mit der Beziehung abgeschlossen, aber der Kindesvater habe ein “Spiel” mit ihr begonnen. Die Frau hatte daher auch nach der Scheidung auf ein gemeinsames Leben gehofft. Sie habe ihn geliebt und wurde 2015 wieder schwanger von ihm. Er wünschte allerdings eine Abtreibung. Im März verlor sie dann das Kind, der Ex-Mann wandte sich neuerlich von ihr ab, dazu kamen finanzielle Existenzängste. Wie Anwalt Michael Leibel dann im Schlussplädoyer ausführte, sei der Erstickungsversuch “absolut untauglich” gewesen.
Die Angeklagte selbst schilderte – in Tränen aufgelöst – ihr Leben zwischen Hoffnung, Enttäuschung und Kränkung. Auch das Kind habe auf ein neuerliches gemeinsames Familienleben gehofft. Ihr Ex-Mann habe sie aber ausgenutzt und angelogen. “Ist es außergewöhnlich, dass ein geschiedener Mann eine Freundin hat? Wo ist die Unehrlichkeit?” stellte der Richter in den Raum. Er bezeichnete den Abschiedsbrief als seitenlange Abrechnung mit dem Ex-Mann.
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